Aufgeschnitten und reingeschaut – die Schnittmodelle unseres Vereins im Maßstab 1:1
(eine Ausarbeitung vom Vereinsmitglied Mathias Götze)
Das Aufschneiden von Fahrzeugen und Aggregaten hat viele Zwecke: Ausbildung, Werbung oder auch nur fürs Museum. Wir haben einige solcher Unikate in realer Größe in unserem Fundus und stellen sie hier vor.
1. IFA W50 LA/K Schulungsmodell – Fahren ohne Führerschein

Bild 1: Dieses „Stehzeug“ ist ein serienmäßiger W50-Allradkipper, der damals zu Ausbildungszwecken oberhalb der Gürtellinie gestrippt wurde. Im Jahr 2008 haben wir ihn übernommen, und unsere Vereinsmitglieder haben ihn aufwändig restauriert.
Die Achsen sind aufgebockt, der Lüfter, die Räder und die Gelenkwelle zwischen Motor und Getriebe mit neuen Käfigen gesichert und der Auspuff an eine Absauganlage angeschlossen.
So kann man - auch ohne Führerschein – realitätsnah einen W50 mit Allradantrieb zwar nicht bewegen, aber doch bedienen. Nicht ganz wie ein Flugsimulator, aber alles ist real: Der Motor läuft, man kann anfahren, alle Schaltungen ausführen (Gruppe, Allrad, Diff.-Sperren, Elektrik) und sogar die Kippbrücke hochfahren, die hier nur aus dem Brückenrahmen und einem Ausgleichsgewicht besteht.
Wir führen das Modell hin und wieder vor, wenn uns Oldtimerfreunde oder Azubis der benachbarten Berufsausbildung besuchen.
2. Der Sprinter Tiefrahmen –
jedenfalls zur Hälfte
Beim Mercedes-Benz Sprinter der BR 906 gab es noch kein Modell mit Frontantrieb. Die starre Hinterachse der Serienausführung war als robustes und wartungsarmes Aggregat ausgelegt für einen Transporter mit guten Traktions-Eigenschaften, aber für Sonderaufbauten wie Wohn- und Verkaufsmobile war der Rahmen zu hoch. Für die Hersteller dieser Aufbauten entwickelte die Mercedes-Benz Ludwigsfelde GmbH ein Tiefrahmen-Fahrgestell (TIF) mit einem starren Leiterrahmen. Für die Hinterräder musste der Aufbau dann Radkästen erhalten, aber das ist bei den o.g. Sonderaufbauten kein Problem.

Bild 2: Der TIF wurde an den Rahmen-Stummel des Vorderwagens angeschraubt, der Aufbau musste dann tragend mit dem Fahrerhaus verbunden werden. Es gab vier Radstände und mehrere Überhang-Längen zur Auswahl.

Bild 3: Anstelle der Starrachse fand eine Pendelachse mit Schräglenkern und wahlweise Schrauben- oder Luftfedern Verwendung. Dadurch konnte die Rahmen-Oberkante um 205 mm abgesenkt werden.

Bild 4: Um diese Variante und den Effekt der Rahmen- Absenkung
auf Messen vorstellen zu können, wurde damals das hier gezeigte Schnittmodell angefertigt.
Bild 5: Der hintere Teil besteht auf der linken Seite aus dem halbierten Serienrahmen mit der ebenfalls halbierten Starrachse, und auf der rechten Seite aus einem halben TIF-Segment. Der für das Foto eingefärbte Streifen markiert die Absenkung des Rahmens um 205 mm gegenüber der Standard-Variante.


Bild 6: Die Achsantriebe beider Varianten wurden für das Modell in der Mitte geschnitten und die Hälften auf der jeweiligen Seite eingebaut. Der Blick von der rechten Seite aus zeigt das Tellerrad der Starrachse. Das Differential der Pendelachse liegt deutlich tiefer. Die Achsantriebe sind damit funktionslos, aber die Räder sind rollfähig.
Die Federung ist auf beiden Seiten blockiert. Die Handbremse funktioniert. Für Rangierzwecke werden die Vorderräder über ein modifiziertes Allrad-Getriebe aus der Sprinter-Serie angetrieben, in dem für diesen Zweck das Zwischenachs-Differential dauerhaft mechanisch gesperrt wurde.
3. Ein Sprinter-Tiefrahmen mit 3 verschiedenen
Aufbauten
Bild 7: „Hallo, Deine Heckür ist offen“ – so tönte es beim Losfahren an der Tankstelle.
Das Auto musste nämlich wieder mal überführt werden.
Die Antwort könnte lauten: „Nicht nur die Tür, Kumpel!“


Bild 8: Denn für den Sprinter-TIF wurde als nächste Werbestufe ein Integralkoffer auf einem TIF-Serien-Fahrgestell aufgebaut, der auf der rechten Seite aufgeschnitten ist und drei mögliche Anwendungen des TIF demonstriert: Wohnmobil, Paketdienst- und Rettungswagen.
Für die Trage hat aber der Aufbau dann doch nicht gereicht, und so geht die Hecktür nicht zu und muß immer operativ arretiert werden.
Das Auto ist voll funktionsfähig und kann auf eigener Achse überführt werden – natürlich nur bei schönem Wetter.
Und das hatten wir dann, um das Auto zurückzuholen, nachdem es 3 Jahre lang in einer Lagerhalle, einem wahren „Vogelparadies“, abgestellt war. Die Einbauten waren zum Glück mit einer Plane abgedeckt. Also sprach das Auto: „Wasch mich (Dach), aber mach mich nicht naß (Sitzgruppe)!“
Beim Blick auf das Dach konnten wir da nicht widersprechen
Aber wie wäscht man ein halbes Auto?
Bild 9: Da braucht es zuerst mal ein paar dicke Klötze für die rechten Räder, um das Auto so weit nach links zu neigen, daß das Wasser in die richtige Richtung läuft.
Da braucht es viel Gefühl beim Auffahren.


Bild 10: Schließlich konnte es heißen: Wasser Marsch!
Aber beim Spritzen immer an den alten Newton denken!
4. Ein P3 ohne Geheimnisse
Bild 11: Der P3, der in dem VEB Industriewerke Ludwigsfelde gebaut wurde, hatte alles, was man im Gelände so braucht: Allradantrieb, Untersetzung und alle 3 Diff.-Sperren. Da ist ein Schnittmodell natürlich besonders interessant.


Bild 12: Motor, Getriebe, Achsantriebe und andere Aggregate sind aufgeschnitten, der Triebstrang kann mit einem Elektromotor bewegt werden. Auch die Anordnung der Drehstab-Federn ist gut sichtbar. Wir hatten dieses Fahrzeug zeitweise als Leihgabe und konnten es auch im Museum für Stadt und Technik in Ludwigsfelde ausstellen, mussten es dann aber wieder abgeben.
5. Ein Berliner von innen
Bild 13: Mehr geht nicht – an diesem Motorroller „Berlin“ aus dem Motorrollerwerk VEB Industriewerke Ludwigsfelde sind vom Schmiernippel bis zum Reserverad alle Trieb- und Fahrwerkteile durch teilweises Aufschneiden sichtbar gemacht. Der Besucher kann das Innenleben der entscheidenden Baugruppen betrachten und deren Funktion nachvollziehen.
Das Modell steht als Leihgabe der Interessengemeinschaft Stadtroller Berlin im Museum für Stadt und Technik Ludwigsfelde. Hinter ihm steht sein großer Bruder, ein L60 – Allradkipper mit Niederdruck-Bereifung.

6. Ein Troll mit Unterbau

Bild 14: Bei diesem Schnittmodell des „Troll 1“, dem Nachfolger des „Berlin“, werden die Räder von unterflur eingebauten Reibrädern angetrieben, die etwas exzentrisch laufen. So kann man nicht nur das Triebwerk, sondern auch die Federung beobachten. Das Modell ist eine Leihgabe vom Verkehrsmuseum Dresden.
7. Ein Vaneo zum Hineinspringen
Bild 15: Dieser Vaneo, produziert von der MB-Ludwigsfelde GmbH, wurde einst zu Werbezwecken aufgeschnitten. Unser Verein hat ihn dann übernommen. Er ist zwar fahrfähig, aber zum Rangieren wird er meist mit Man-

8. Mit Speed übers Wasser -
Der Rennbootmotor RM 175
Bild 16: Für den Rennboot-Einsatz wurde dieser Hochleistungs-Motor in den Industriewerken Ludwigsfelde durch Lehrlinge in Serie gebaut.
Zwischen 1957 und 1965 entstanden etwa 2500 Stück.
Das Aggregat ist in Einbaulage aufgestellt, das Brett am Schwenklager markiert das Bootsheck.
Die technischen Daten:
Zweitakt-Ottomotor mit Drehschieber-Steuerung Hubraum 175 cm³
Leistung 18 bis 32 PS bei bis zu 9500 U/min im letzten Entwicklungsstand;


Bild 17:
Über die Schnitte durch Zylinder, Vergaser und Kurbelgehäuse ist die Technik im Inneren gut sichtbar.
Bild 18: Hier sieht man den Kegeltrieb zwischen der senkrecht stehenden Kurbelwelle und der Schraubenwelle.

9. Vorder- oder Hinterachse?
Das fragen sich unsere Besucher schon mal, wenn sie feststellen, dass eine Seite der Achse schwenkbar ist und die andere nicht.

Bild 19: Bei diesem Schnittmodell, das wir auch in unserer Rubrik „Galerie“ ausführlich beschreiben, sind eine halbe Hinterachse und eine halbe angetriebene Vorderachse des IFA W50 LA in der Mittenebene zusammengefügt. Damit konnte die Schulung für beide Achsen an einem Modell erfolgen. Der gesamte Achsantrieb, die Rad-Vorgelege und eine Bremstrommel sind partiell aufgeschnitten, so daß der Blick auf die Antriebsteile, die Differentialsperre und die Radbremse möglich ist.

